Seit dem 01.01.2018 haben auch landwirtschaftliche Betriebe die Möglichkeit ein "Anderer Leistungsanbieter" (bzw. „Anderer Anbieter) im Sinne des § 60 SGB IX im Bereich Arbeit und/oder Bildung zu werden. Das bedeutet, Sie könnten als landwirtschaftlicher Betrieb, eine Alternative zu einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen (WfbM) werden. Ihr Angebot würde keiner Mindestplatzanzahl (im Gegensatz zu einer WfbM – hier liegt diese bei 120 Plätzen) unterliegen und müsste komplett barrierefrei gestaltet sein. Ebenso bedarf es für Ihren Betrieb als „Anderer Leistungsanbieter“ keiner förmlichen Anerkennung, jedoch muss im Voraus bei dem zuständigen Leistungsträger ein Konzept eingereicht werden (s.u.).
Wie bei einer WfbM wären Sie bzw. Ihr Betrieb im Sinne eines „Anderen Leistungsanbieters“ kein Arbeitgeber im üblichen Sinne, sondern vielmehr ein Anbieter beruflicher Bildung oder Beschäftigung. Der Mensch mit Behinderung steht mit Ihnen jedoch in einem Arbeiternehmerähnlichem Rechtsverhältnis – das heißt ihm wird im Arbeitsbereich ein Arbeitsentgelt und im Berufsbildungsbereich ein Ausbildungsgeld (über die Agentur für Arbeit) gezahlt. Im Gegensatz zu einer WfbM sind Sie als „Anderer Leistungsanbieter“ zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet einen Menschen mit Behinderung aufzunehmen.
Durch das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG) sollen durch die Möglichkeit der „Anderen Leistungsanbieter“ bevorzugt Träger zugelassen werden, welche bislang nicht im Bereich der WfbM tätig sind. Ebenso können sich hierdurch neue, individuellere Möglichkeiten im Bereich Arbeit auf landwirtschaftlichen Betrieben entwickeln lassen. Für den landwirtschaftlichen Betrieb kann die Zulassung zu einem „Andere Leistungsanbieter“ im Bereich Arbeit eine nachhaltige Finanzierung und Platzierung im sozialen Arbeitsmarkt ermöglichen.
Zielgruppe:
Menschen mit Behinderungen, die eine Werkstattstatus haben
zusätzliche Arbeitskraft:
ja
Anstellungsverhältnis:
ja
Verbindung zur Landwirtschaft:
der landwirtschaftliche Betrieb als Arbeitsort
pädagogische Qualifikation:
Häufig sind Sie als Landwirt*in auch Arbeitsanleiter*in für die beschäftigten Menschen mit Behinderung. ALs Fachkraft anerkannt werden aber nur Menschen mit entsprechender pädagogischer Aus- und Weiterbildung, z.B. zur Geprüften Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung (GFAB).
Begleitung von außen:
Es braucht eine Gesamt-Werkstättenleitung. Ebenso muss eine sozialpädagogische Betreuung gewährleistet werden durch einen Begleitenden Dienst (Betreuungsschlüssel liegt hierbei bei 1:120) sowie eine Begleitung durch psychologische Fachkräfte.
Finanzierung:
Was gilt es zu beachten?
Dieses Angebot richtet sich nur an Menschen, welche erwerbsunfähig sind (im Vergleich zu den Menschen in Inklusionsfirmen).
Die Zielgruppe umfasst Menschen, welche einen Werkstattstatus (d.h. Menschen, welche einen Anspruch auf einen Platz in einer WfbM haben) und sich daher auf dem zweiten/dritten Arbeitsmarkt befinden.
Um ein Anderer Leistungsanbieter im Bereich Bildung zu werden, müssen Sie für Ihren Betrieb ein Konzept beim zuständigen Leistungsträger (Bundesagentur für Arbeit) einreichen, um sich als Anderer Leistungsanbieter im Sinne des §60 SGB IX anerkennen zu lassen. Hier gibt es allerdings hohe Anforderung, z. B. Zertifizierung als Bildungsanbieter nach der AZAV ( Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung), es braucht weiterhin eine Vergütungskalkulation bzw. Entgeltverhandlung, sowie eine Prüfung des Standortes durch den „Technischen Dienst“.
Um ein Anderer Leistungsanbieter im Bereich Arbeit zu werden, müssen Sie für Ihren Betrieb ein Konzept, ein Leistungsangebot und eine Vergütungskalkulation beim überörtlichen und örtlichen Träger der Eingliederungshilfe einreichen. Die entsprechenden Vorlagen finden Sie im Anhang des Thüringer Landesrahmenvertrag nach § 131 SGB IX. Eine vorab Verständigung mit dem örtlichen Leistungsträger, der – idealerweise – das Vorhaben unterstützt, sollte beachtet werden.
Sie sollten bedenken, dass unter Umständen die Konzepterstellung mit einer Menge bürokratischem Aufwand einhergehen kann. Das heißt, Sie müssen in der Lage sein und bereit dafür sein, finanzielle Aufwendungen im Voraus aufzubringen, um eine Anerkennung als Anderer Leistungsanbieter zu erreichen
Wie bei einer WfbM haben Sie sicherzustellen, dass die Menschen im Berufsbildungs- und Arbeitsbereich mindestens 38 Stunden /Woche beschäftigt werden können. 35h wird nur im Ausnahmefall durch die Agentur genehmigt. Dabei gliedert sich die wöchentliche Arbeitszeit in Arbeit, Erholungszeiten (Pausen) und Teilnahme an Maßnahmen im Sinne des §5 Absatz 3 WVO.
3. Voraussetzungen, welche Sie als Landwirt*in, die Hofbewohner*innen und die Struktur des Betriebes mitbringen sollten
Häufig sind Sie als Landwirt*in auch Arbeitsanleiter*in für die beschäftigten Menschen mit Behinderung. ALs Fachkraft anerkannt werden aber nur Menschen mit entsprechender pädagogischer Aus- und Weiterbildung, z.B. zur Geprüften Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung (GFAB).
Als Anderer Leistungsanbieter muss Ihr Angebot auf dem Betrieb die Anforderungen einer sog. Personenzentrierten Komplexleistung (Thüringer Landesrahmenvertrag, II.) und den in der Orientierungshilfe für Andere Leistungsanbieter des Freistaats Thüringen erfüllen, das heißt es müssen Qualitätsstandards aufgestellt und eingehalten werden - ebenso muss ein Qualitätsmanagement erfolgen. → Das könnte für Sie als Landwirt*in oder Ihre Mitarbeiter*innen unter anderem einen Fachkräfteschlüssel bedeuten, sowie spezielle Anforderungen an räumliche Ausstattungen
Die Anforderungen an die Betreuungsschlüssel sind sehr hoch und orientieren sich an den Vorgaben der WfbM. Das bedeutet: 1:12 im Bereich Arbeit und 1:6 im Berufsbildungsbereich. Das bedeutet nicht, dass so viele Menschen mindestens beschäftigt werden müssen. Allerdings ist es sinnvoll eine bestimmt Größe zu haben, um auch wirtschaftlich zu sein.
Es braucht eine Gesamt-Werkstättenleitung. Ebenso muss eine sozialpädagogische Betreuung gewährleistet werden durch einen Begleitenden Dienst (Betreuungsschlüssel liegt hierbei bei 1:120) sowie eine Begleitung durch psychologische Fachkräfte.
Durch die Arbeit müssen wirtschaftlich verwertbare Produkte entstehen und ausreichend kleinteilige und vielfältige Betätigungsfelder auf dem Hof vorhanden sein.
Finanzierungsmöglichkeiten
Sie als Anderer Leistungsanbieter bekommen von dem zuständigen Rehaträger ein sog. Arbeitsförderungsgeld, welches an den Beschäftigten ausgezahlt wird (welches 52 € für jeden im Arbeitsbereich beschäftigten Menschen beträgt – wenn Arbeitsentgelt mit diesem Arbeitsförderungsgeld nicht 351€ übersteigt, sonst ist es weniger – bzw. soviel bis es 351€ ins. sind).
Sie als Anderer Leistungsanbieter müssen die Meldung und Zahlung von Beiträgen für die Sozialversicherung durchführen – diese Beiträge können Sie evtl. vom zuständigen Leistungsträger erstattet bekommen
Für den Beschäftigungsplatz bekommt der Andere Leistungsanbieter einen bestimmten festen Betrag ausgezahlt (in Niedersachsen beträgt dieser bspw. bislang 10% weniger als ein WfbM Platz für die jeweilige Hilfebedarfsgruppe kostet). Thüringen haben derzeit noch keine Verhandlungen für das Angebot stattgefunden, daher gibt es noch keine Richtgrößen.
An wen kann ich mich wenden?
Das Konzept mit den beschriebenen Unterlagen für Anderer Leistungsanbieter im Bereich Arbeit muss gleichzeitig beim überörtlichen und örtlich zuständigen Träger der Eingliederungshilfe (in Thüringen ist dies das Sozialamt der Landkreise bzw. der kreisfreien Städte, der überörtliche Träger ist das Thüringer Landesverwaltungsamt ) eingereicht werden.
Das Konzept für Andere Leistungsanbieter im Bereich Bildung ist bei der Bundesagentur für Arbeit einzureichen.
Vor Einreichung sind unbedingt Gespräche mit dem jeweiligen künftigen Leistungsträger zu führen, um das Angebot regional passend zu entwickeln!
Weitere Beratungs- und Unterstützungsangebote
Eine Allg. bundesweite Hilfe für die Umsetzung zum Anderen Anbieter finden Sie hier.
Speziell für Thüringen wurde ebenfalls eine Orientierungshilfe veröffentlicht.
Wenn Sie als ein „Anderer Leistungsanbieter“ anerkannt wurden, können Sie ihr Angebot auf www.rehadat-adressen.de online verbreiten.
Derzeit findet ein Projekt an der Hochschule Mittweida statt (Laufzeit: 09/2018 bis 08/2021): innoLAWI: Landwirtschaftliche Unternehmen als Anbieter sozialer Dienstleistungen.