Für Menschen, welchen es aufgrund von verschiedenen Beeinträchtigungen nicht möglich ist einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, ist es umso wichtiger einen alternativen Bereich für Beschäftigungen zu schaffen, welcher sinnvolle Anregungen zu Gestaltung und Bewältigung bieten kann. Hierfür können Tagestrukturierende Maßnahme ein passendes Angebot sein.
Eine regelmäßige Beschäftigung kann ein wichtiger Bestandteil für einen stabilen Alltag mit sinnvollen Anregungen für die Gestaltung und Bewältigung werden. Diese Angebote zielen - aus landwirtschaftlicher Perspektive - nicht auf ein wirtschaftliches Ergebnis der Beschäftigung. Das bedeutet, dass die Arbeitsleistung für den/die Landwirt*in nicht im Vordergrund steht - vielmehr ist er/sie Anbieter*in von Betreuungsleistungen. Demnach kann es u.a. als Erfolg gewertet werden, wenn die tagesstrukturierende Angebote regelmäßig von den Menschen mit Beeinträchtigungen in Anspruch genommen wird.
Zielgruppe:
Menschen mit Beeinträchtigungen, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können
zusätzliche Arbeitskraft:
nein
Anstellungsverhältnis:
nein
Verbindung zur Landwirtschaft:
Beschäftigungsmöglichkeiten durch landwirtschaftliche Tätigkeiten
pädagogische Qualifikation:
je nachdem ob eine einfach oder qualifizierte Assistenz benötigt wird
Begleitung von außen:
je nachdem ob eine einfach oder qualifizierte Assistenz benötigt wird und die notwendige Qualifikation dafür vor Ort vorhanden ist
Finanzierung:
durch verschiedene Leistungsmöglichkeiten, ist es möglich dieses Modell umzusetzen
2. Was gilt es zu beachten?
Da Menschen dieser Zielgruppe häufig nicht in der Lage sind mehr als 3 Stunden am Tag zu arbeiten, ist innerhalb der Gestaltung der Maßnahme auf die individuellen Bedürfnisse der Menschen (z.B. nach Gesprächen oder Pausen etc.) einzugehen.
Für diese Angebotsform gilt es zu unterscheiden, ob eine einfache oder eine qualifizierte Assistenz angeboten werden soll.
Für eine qualifizierte Assistenz braucht es zum einen sozialpädagogische bzw. ergotherapeutische Qualifikationen oder die Zusammenarbeit mit einer Fachkraft. Die Anstellung dieser Fachkräfte kann über einen Verein bzw. über eine soziale Organisation geregelt sein.
Aber auch selbstständige Sozialpädagog*innen, Sozialarbeiter*innen oder Ergotherapeut*innen können (z.B. finanziert über das Persönliche Budget) als eine derartige Fachkraft die Stunden auf Ihrem Hof für die Menschen begleiten und ggf. auch gestalten.
Werden die TSM von Ihnen angeboten, muss berücksichtigt werden, dass es eine enge Zusammenarbeit mit dem Sozialamt und ggf. anderen sozialen Trägern braucht.
Das bedeutet, es muss insbesondere Zeit für Hilfeplangespräche, ITP (Integrierter Teilhabeplan) Erstellung, Dokumentationen und Teamsitzungen eingeplant werden.
3. Voraussetzungen, welche Sie als Landwirt*in, die Hofbewohner*innen und die Struktur des Betriebes mitbringen sollten
Sie als Landwirt*in müssen eine Qualifikation als Fachkraft vorweisen oder eine Kooperation mit einer Fachkraft und/oder einer sozialen Organisation eingehen.
Ebenso braucht es im Umgang mit den Klient*innen ein Denken bzw. eine Zielsetzung fernab von Leistungsdruck und Produktivität bzw. Effektivität.
Bezüglich der Struktur des Betriebes eignet sich v.a. die bäuerliche Landwirtschaft bzw. kleinteilige, überschaubare Aufgabengebiete.
Denn die Arbeit in kleinen Gärten und Landwirtschaftsbetrieben mit Mischkultur und Tierhaltung bietet vielfältige Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten.
Die Tätigkeiten können hier nach den Wünschen der Klienten ausgesucht werden und gemeinsam als Ziel im Hilfeplan festgehalten werden.
4. Finanzierungsmöglichkeiten
Tagesstrukturierende Maßnahmen können über unterschiedliche Wege finanziert werden:
Über das Persönliche Budget (siehe eigenes Modell – anklicken)
Über die sog. Pauschale Geldleistung
Es können nach § 105 Absatz 3 SGB IX n.F. nun auch bestimmte Leistungen zur Sozialen Teilhabe mit Zustimmung der leistungsberechtigten Person als Pauschale Geldleistung erbracht werden.
Diese werden in § 116 Absatz 1 SGB IX n.F. näher bestimmt und betreffen Leistungen zur Assistenz zur Übernahme von Handlungen der Alltagsbewältigung sowie zur Begleitung (kompensatorische Assistenz), Leistungen zur Förderung der Verständigung sowie Leistungen zur Beförderung im Rahmen der Leistungen zur Mobilität.
Als Assistenzleistungen (§ 78)
Diese dienen der selbstbestimmten und eigenständigen Bewältigung des Alltags einschließlich der Tagesstrukturierung. Assistenzleistungen umfassen
die vollständige und teilweise Übernahme von Handlungen zur Alltagsbewältigung sowie die Begleitung der Leistungsberechtigten (kompensatorische Assistenz) und
die Befähigung der Leistungsberechtigten zu einer eigenständigen Alltagsbewältigung (qualifizierte Assistenz).
Über eine eigene Leistungsvereinbarung mit dem Sozialamt (Fachleistungsstunden)
Über einen Verein war es möglich, eine Leistungsvereinbarung mit dem Sozialamt abzuschließen.
Dafür braucht es ein Konzept bzw. eine Leistungs- und Prüfvereinbarung.
Sie verhandeln einen individuellen Kostensatz, welchen dann das Sozialamt (als der Kostenträger) übernimmt. Die zukünftigen Klienten*in kommen dann über das Sozialamt.
Derzeit ändert sich in diesem Bereich allerdings einiges durch das Bundesteilhabegesetz. Bitte fragen Sie daher den aktuellen Stand bei Ihrem Sozialamt nach.
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Über eine Kooperation mit einem sozialen Träger
Es wäre ebenso möglich, dass ein sozialer Träger (z.B. die Lebenshilfe) für eine Gruppe einen Aufenthalt auf Ihrem Betrieb bucht.
Dieser Aufenthalt könnte bestimmte Aufgaben beispielsweise in der Tierversorgung, Gartenarbeit oder Landschaftspflege beinhalten und würde von einer Fachkraft des Trägers begleitet werden.
Für diese Möglichkeit braucht es in jedem Falle eine schriftliche Vereinbarung/Kooperationsvertrag, welche den Umfang (Dauer, Zeiten der Nutzung), die „Spielregeln“ der Zusammenarbeit als auch das Entgelt (incl. Nebenkosten wie Versorgung, Raummiete bzw. Nutzungsmiete, Versicherung) festlegt.
5. An wen kann ich mich wenden?
An das örtliche Sozialamt mit einem Angebot in Form eines Konzeptes.
Daraufhin können Sie eine Leistungsvereinbarung mit dem zuständigen Amt treffen und die Menschen können auf ihren Wunsch hin (im Rahmen von TSM) zu Ihnen kommen.
Das Sozialamt übernimmt aber in der Regel nicht die Zuweisung von Klient*innen, es liegt weitgehend in Ihrer Hand interessierte Menschen mit Beeinträchtigung oder deren Angehörige anzusprechen und zu informieren.
Ebenso können Sie die sozialen Träger in Ihrer Nähe selbstständig für Kooperationen anzufragen. Häufig sind die großen Träger (z.b. die Lebenshilfe, AWO, Diakonie, Caritas etc.) auf der Suche nach Angeboten nach tagesstrukturierenden Ausflügen.